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4 · 2019
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Teckel
&
Jagd
gesenkt. Von allen Teckeln, die 1993 gebo-
ren wurden, waren 6,0 Prozent von PRA
betroffen, während von Hunden, die in
2006 geboren wurden, nur noch 0,6 Pro-
zent betroffen waren.
Genetik
Bis zum heutigen Zeitpunkt wurde kein
Gen gefunden, welches die Katarakt beim
Teckel verursacht. Verschiedene, bei ande-
ren Rassen Katarakt verursachende Gene,
wurden untersucht und keine Assoziation
mit Katarakten beim Teckel konnte festge-
stellt werden. Der graue Star wird sehr
wahrscheinlich von verschiedenen Gen-
mutationen verursacht und weiterge-
hende Forschung wird benötigt, um ein
oder mehrere Katarakt-verursachende
Gene beim Teckel zu finden und um Gen-
tests zu ermöglichen.
Gentests für zwei PRA-Formen (Cone Rod
Dystrophies) gibt es für Teckel bereits. Eine
früh-auftretende Form „crd“ wurde beim
Standard- und Zwergrauhhaarteckel und
beim Kurzhaarteckel beschrieben. Frühe
klinische und elektroretinografische Ver-
änderungen wurden schon bei Welpen im
Alter von fünf Wochen beschrieben. Fun-
duskopische Veränderungen (Untersu-
chung der Netzhaut) fielen oft erst ab
einem Alter von drei Jahren auf. Eine Muta-
tion im NPHP4-Gen verursacht diese Form
der PRA und wird autosomal-rezessiv ver-
erbt (Nähere Erklärung im nachfolgenden
Abschnitt).
DNA-Untersuchungen der Zwerg-Lang-
haarteckel deckten eine weitere Mutation
namens „cord1“ im RPGRIP1 Gen auf. Diese
demonstrierte ebenfalls einen autosomal-
rezessiven Erbgang und wurde auch in
Zwerg-Kurzhaar- und -Rauhhaarteckeln in
England entdeckt. Jedoch fiel auf, dass
selbst manche betroffene Hunde, trotz
reduziertem Elektroretinogramm, keine kli-
nischen Anzeichen von Blindheit zeigten.
Weitere Studien folgten und eine Unstim-
migkeit zwischen der klinischen und geneti-
schen Erscheinung der Hunde wurde fest-
gestellt: Eine weitere Genmutation im
Chromosom 15 ist notwendig, um bei Tie-
ren, welche homozygot (betroffen) für
cord1-Mutation sind, eine Frühformder PRA
auszulösen. Eine cord1-Mutation ohne eine
Mutation im Chromosom 15 verursacht
eine spät auftretende Form der PRA oder es
treten keine klinischen Anzeichen auf. Dies
bedeutet, dass ein Gentest für cord1 die
vorhandene genetische Anlage für PRA auf-
zeigt, die klinische Erkrankung wird jedoch
noch von weiteren Genen beeinflusst.
Die progressive Retinaatrophie ist außer-
dem heterogen, dies bedeutet, dass die
unterschiedlichen Genmutationen ähnli-
che klinischen Symptome hervorrufen kön-
nen. Somit kann ein Teckel – trotz negati-
ver Gen-Tests für bekannte Mutationen
(crd und cord1) – eine klinische PRA auf-
weisen und vererben.
DNA-Tests und regelmäßige
Augenuntersuchungen – Warum beides?
Gentests erlauben uns schon sehr früh vor-
herzusagen, ob ein Tier an einer bestimm-
ten Krankheit erkranken wird, welche von
einer spezifischen Genmutation verur-
sacht wird. Dies ist sehr nützlich, um
bekannte Erbkrankheiten zu eliminieren
und es unterstützt außerdem die Auswahl
geeigneter Zuchtpartner.
Die bekannten Mutationen, welche zur
PRA bei Teckeln führen, sind rezessiv. Dies
bedeutet, dass ein Tier nur dann klinisch
erkrankt, wenn beide Eltern jeweils das
mutierte Gen an den Nachwuchs vererbt
haben. Tiere, welche zwei mutierte Kopien
des Gens tragen, nennt man „homozygot“
oder „betroffen“. Erbt ein Tier jeweils ein
mutiertes Gen und ein gesundes (Wildtyp)
Gen, nennt man dieses Tier „Träger“ oder
„heterozygot“. Träger erkranken in der
Regel nicht klinisch, jedoch können sie die
Mutation weitervererben. Ein Tier, bei dem
beide Gene gesund (zwei Wildtypgene
ohne Mutation) sind, nennt man „frei“.
Da ein Hund bei rezessiv vererblichen
Krankheiten nur klinisch erkrankt, wenn er
die Genmutation von beiden Eltern geerbt
hat, würde sich die Möglichkeit bieten, mit
einemMutationsträger (nur eine Kopie des
Gens ist mutiert) oder sogar einem betrof-
fenen Tier (beide Kopien des Gens sind
mutiert) verantwortungsvoll zu züchten,
solange der Zuchtpartner frei von der Gen-
mutation ist. Aus dieser Kreuzung würden
entweder Welpen mit jeweils einer Kopie
des mutierten und gesunden Genes („Trä-
ger“) hervorkommen oder gesunde. Diese
Welpen würden nicht von der Krankheit
betroffen sein. Die „Träger“ Welpen könn-
ten jedoch auch nur jeweils mit einem
„freien“ Partner gekreuzt werden. Dieses
System erlaubt uns einen größeren Gen-
pool zu erhalten, mit einer größeren Varia-
tion von Genen und wir verkleinern die
Chance, neue Erbkrankheiten heraufzube-
schwören.
Jedoch gibt es Nachteile von Gentests,
welche durch regelmäßige Augenuntersu-
chungen überwunden werden könnten.
Sehr ähnliche Erkrankungen können durch
die Mutation von völlig unterschiedlichen
Genen verursacht werden. Am Beispiel von
der progressiven Netzhautatrophie der
Teckel zeigt sich, dass verschiedene Gene
fast identische Krankheiten verursachen
können. Des Weiteren kann es vomZusam-
menspiel verschiedener Gene abhängen,
ob es zum Ausbruch der Erkrankung
kommt oder nicht. Insofern könnte ein
Hund frei von einer genetischen PRA getes-
tet werden, jedoch trotzdem eine andere
Form von PRA entwickeln und diese dann
unbemerkt an die Nachkommen vererben.
Eine Augenuntersuchung kann dabei hel-
fen, die unentdeckten Fälle früher zu iden-
tifizieren, bevor das Tier lange Zeit zur
Zucht verwendet wird. Zudem könnte in
der Augenuntersuchung ebenfalls sicher-
gestellt werden, dass die Augen insgesamt
gesund sind und keine weiteren oder neue
erbliche Erkrankungen aufweisen.
In der Studie zu erblichen Augenerkrankun-
gen von Teckeln im DTK wurde festgestellt,
dass Rüden häufiger von PRA und Grauem
Star betroffen waren als Hündinnen. Rüden
sind weniger reguliert in der Anzahl von
Zuchteinsätzen und in der zuvor genannten
Studie zeigte sich, dass es Rüden gab, wel-
che eine außergewöhnlich hohe Anzahl an
Nachkommen gezeugt haben. Wenn nur
ein solcher Rüde eine erbliche Augenerkran-
kung weitergibt, würde ein Zuchtverein
wieder am Anfang seiner Bemühungen ste-
hen. Der Nachteil von Augenuntersuchun-
gen allein liegt darin, dass die PRA und Kata-
rakt relativ spät auftreten und viele Hunde
zum Zeitpunkt der ersten Anzeichen schon
gezüchtet haben. Jedoch konnten wir in
unserer Studie belegen, dass die Zusam-
menarbeit des DTK und des DOK, trotz die-
ses Nachteils, zu einer eindeutigen Senkung
der PRA- und Katarakt-Fälle im DTK geführt
haben. Zusätzliche Gentests würden helfen,
betroffene Tiere früher erkennen und häu-
fige Zuchtnutzung dieser Tiere zu vermei-
den. Eine Regulierung der Anzahl von Zucht-
einsätzen bei Rüden kann ebenfalls behilf-
lich sein.
Zu empfehlen wäre eine Kombination aus
Gentests zur Früherkennung bekannter
Krankheiten und regelmäßigen Augenun-
tersuchungen zur Überwachung gegen-
wärtig nicht testbarer Erkrankungen und
zumSchutz vor neu auftretenden Augener-
krankungen. Wird eine neue Augenerkran-
kung durch die Augenuntersuchungen
früh entdeckt und aufgezeigt, kann eine
rapide Verteilung durch die Population
hoffentlich aufgehalten werden. Blindheit
oder Schmerzen können so für viele Hunde
reduziert oder sogar vermieden werden.
Danksagung
Ich möchte mich sehr herzlich bei dem
Deutschen Teckelklub 1888 e.V. und dem
Dortmunder Kreis (DOK) für die Bereitstel-
lung der Daten bedanken. Zudem danke
ich den nachfolgenden Kollegen sehr für
das zur Verfügung gestellte Bildmaterial:
Dr. Jens Christian Rudnick (Tierklinik Ros-
tock), Dr. Sabine Gordon (Kleintierpraxis
Rottach-Egern), Dr. Birgit Lohmann (Tierau-
genpraxis).