Der Dachshund 11 2018 - page 24

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11 · 2018
Ein brauchbarer Hund
E
in herrlicher Wintertag im
Januar dieses Jahres. Es ist kna-
ckig kalt, eine dünne Neu-
schneedecke verwandelt den
Wald in eine Märchenlandschaft. Hier hält
einen nichts im Haus, Teckel Thilo an die
Leine und raus ins Revier. Wir erfreuen uns
beide an den frischen Fährten, Damwild,
Reh und Schwarzkittel sind unterwegs. Ich
lasse den Teckel von der Leine, freudig
nimmt er mit tiefer Nase Witterung auf.
Plötzlich verändert sich das friedliche Bild
– mit Spurlaut stürmt er ins Holz. Kurz dar-
auf höre ich wütendes Bellen, dann zorni-
ges Schnaufen und Blasen aus einer Brom-
beerdickung. Thilo, wen oder was hast du
da gestellt, mach keinen Unsinn! Vorsichtig
nähere ichmich demDickicht. Da bricht ein
kräftiger Frischling aus demGehölz, gerade
auf mich zu. Ich kann gerade noch beiseite-
springen, Sau und Hund jagen an mir vor-
bei. Der rechte Vorderlauf des Tieres ist
verletzt, die Trittsiegel im Schnee rot
gefärbt. Ich folge der Fährte. Standlaut
zeigt mir an, dass Thilo den Frischling
erneut gestellt hat. Beim Näherkommen
sehe ich, wie mein Teckel – erprobt im Sau-
engatter – die Sau angeht, geschickt
zurückspringt, das Stück erneut herausfor-
dert, bis es flüchtet. Weiter geht die wilde
Jagd, ich hinterher. Das Ganze wiederholt
sich noch zweimal, dann steckt der
Frischling in einer Fichtendickung.
Thilo beschäftigt ihn derart, dass ich
mich nun von der Seite anpirschen
kann und die geschwächte Sau mit
zwei gezielten Stichen abfange. Der
Teckel hat hervorragende Arbeit
geleistet. Natürlich habe ich mei-
nen
tapferen
Jagdgenossen
ordentlich gelobt, besser kann ein
Gespann nicht arbeiten. Stolz
haben wir die Sau geborgen und
versorgt. Die Sau bringt aufge-
brochen 30 kg auf die Waage,
der rechte Vorderlauf ist frisch
– am ehesten durch eine Kugel
– verletzt. Am Vortag hat im
Nachbarrevier eine Drückjagd
stattgefunden.
Hier hat sich wieder bestä-
tigt, dass ein brauchbarer
Hund für die waidgerechte Jagd unver-
zichtbar ist. Die angewölften Eigenschaf-
ten sowie die Ausbildung meines Teckels
haben den oben geschilderten Erfolg erst
ermöglicht.
Es gibt in unserer Region (dem Wendland)
keine Teckelvereine, die sich für die Ausbil-
dung von Hund und Hundeführer für den
jagdlichen Einsatz engagieren. Ich hatte
das Glück, über eine Internetseite mit der
Teckelgruppe in Perleberg (Brandenburg)
in Kontakt zu treten und schon nach kur-
zem „Beschnuppern“ der Gruppe beizutre-
ten. 41 Mitglieder, von denen 39 Jagd-
scheininhaber sind, haben sich die Ausbil-
dung unserer Dachshunde zur Jagdge-
brauchsarbeit auf die Fahne geschrieben.
Gut organisierte monatliche Übungstage
mit zusätzlichen (freiwilligen) Übungsein-
heiten vor Prüfungen haben zu erfreuli-
chen Ausbildungsergebnissen geführt. In
den zurückliegenden 3 Jahren wurden an
12 Terminen 18 Leistungsprüfungen abge-
nommen. 88 Teckel nahmen an den Prü-
fungen teil, 80 davon mit Erfolg. Geprüft
wurde das ganze Spektrum der Gebrauchs-
prüfungen von Schussfestigkeit bis zur 40-
Std.-Fährte. „Nebenbei“ erlangten unsere
Hunde über diese Prüfungen die Bestäti-
gung der Brauchbarkeit gemäß den Ver-
ordnungen der Landesjagdverbände von
Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Meck-
lenburg-Vorpommern. Das kann sich sehen
lassen. Auch die sozialen Kontakte kom-
men nicht zu kurz. Klönabende, Ausflüge
zu Sehenswürdigkeiten in der Region
sowie eine herbstliche Pilzwanderung
gehören zur Tradition unserer Gruppe.
Die Vorbereitungen für das kommende
Jahr stehen schon jetzt im Fokus. Wir
haben wieder eine Gruppe Jungteckel, die
an den Jagdbetrieb herangeführt werden
müssen, sowie „alte Recken“, die für die
Vielseitigkeitsprüfung trainieren.
ImMittelpunkt aller Aktivitäten aber steht
die Jagdpassion und die Freude an unseren
Hunden.
Waidmannsheil
Dr. Günter Marggraf
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