Der Dachshund 6-2018 - page 9

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6 · 2018
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Teckel
&
Jagd
Die große Auswahl bei den Tierfuttersor-
ten lässt Tierbesitzer leicht den Überblick
verlieren, worauf es bei der Fütterung
ankommt. Der Minerva Verlag sprach mit
dem Ernährungsspezialisten Prof. Dr. Jür-
gen Zentek.
1. Der Hund stammt vomWolf ab. Hat das
noch immer Einfluss auf seine Ernäh-
rungsbedürfnisse?
Prinzipiell haben sich Verdauungstrakt und
Nährstoffbedarf in gewissem Umfang
angepasst. Frei lebende Wölfe haben sich
im Jahresverlauf von einem stark wech-
selnden
Nahrungsspektrum
ernähren
müssen, das aber überwiegend aus Beute-
tieren bestand. Hunde weisen im Unter-
schied zu Wölfen gewisse Veränderungen
in ihren Verdauungsenzymen auf. Sie
scheinen eine höhere Toleranz für Kohlen-
hydrate entwickelt zu haben.
2. Wie sieht für Sie die ideale Hundeer-
nährung aus – und gehört BARFen dazu?
Die ideale Hundeernährung ist einfach zu
beschreiben: optimal verträglich und den
kompletten Nährstoffbedarf abdeckend.
Das kann man prinzipiell auch mit BARFen
erreichen. Unsere Erfahrung ist aber, dass
viele BARF-Rationen den Ansprüchen nicht
genügen. Es kommen sowohl Unter- als auch
Überversorgungenmit Nährstoffen vor.
3. Wie hoch sollte der Anteil tierischer
Proteine in einem idealen Hundefutter
mindestens sein – und gibt es konkrete
Höchstmengen?
Dazu gibt es keine festen Vorgaben. Grund-
sätzlich weisen Proteine tierischer Herkunft
eine hohe Verdaulichkeit und ein sehr güns-
tiges Aminosäurenspektrum auf. Auch ist
ihre Akzeptanz beim Hund sehr gut. Die
gängigen Futtermittel unterscheiden sich
sehr deutlich; je nach Philosophie des Her-
stellers kann sich der Proteingehalt an der
unteren Bedarfsdeckung orientieren oder
aber deutlich darüber liegen. Das ist inner-
halb einer gewissen Spanne kein Problem.
Der Eiweißbedarf ist bei jungen Hunden
höher als bei älteren. Weiterhin haben auch
Zuchttiere einen erhöhten Proteinbedarf.
4. Welche Bestandteile dürfen ansonsten
nicht fehlen?
Neben einer bedarfsdeckenden Protein-
und Aminosäurenversorgung muss in
dem Futter das gesamte Spektrum an
lebensnotwendigen Nährstoffen enthal-
ten sein. Dieses umfasst beispielsweise
essenzielle Fettsäuren, ein breites Spek­
trum an Mineralstoffen im richtigen Ver-
hältnis zueinander einschließlich der
Spurenelemente sowie die Vitamine.
Neben den lebensnotwendigen Inhalts-
stoffen gibt es ein breites Spektrum
interessanter Komponenten, die zum
Beispiel einen positiven Einfluss auf das
Tier haben können. So können beispiels-
weise bestimmte Faserstoffe die Darm-
funktion und die Zusammensetzung und
Aktivität der intestinalen Mikrobiota
regulieren.
5. Wie steht es um die Kohlenhydrate:
Gibt es hier konkrete Empfehlungen?
Prinzipiell können Hunde ohne Kohlenhy­
drate auskommen. Schlittenhunde werden
häufig komplett mit eiweiß- und fettrei-
chem Futter ernährt. Dennoch ist die Ver-
träglichkeit komplexer Kohlenhydrate, ins-
besondere von Stärke, im Allgemeinen
hoch. Klar ist, dass es Situationen gibt, wo
die Verträglichkeit von Kohlenhydraten
eingeschränkt ist. Es kann zu Stoffwechsel-
störungen kommen, insbesondere bei
übergewichtigen Hunden und bei Diabeti-
kern.
6. Gerade Züchter großer Hunderassen
fürchten sich nicht selten vor eiweißrei-
chem Aufzuchtfutter, weil sie glauben,
dies würde die Entwicklung der Welpen
negativ beeinflussen. Ist das zutreffend?
Die dazu vorliegenden Untersuchungen
zeigen, dass die Entwicklung der Welpen
durch ein eiweißreiches Futter nicht nega-
tiv beeinflusst wird. Viel entscheidender
ist die Energieversorgung während der
Wachstumsphase, da eine energetische
Überversorgung zu Entwicklungsstörun-
gen führen kann.
7. Woran erkennt der Tierhalter, dass er
seinen Hund möglicherweise falsch
ernährt? Welche Futtermittel sollte er
generell meiden?
Leider ist es sehr schwierig, Fehlernährung
rechtzeitig zu erkennen. Werden Alleinfut-
termittel verabreicht, so kann man davon
ausgehen, dass die Versorgung mit den
notwendigen Nährstoffen gegeben ist.
Werden andere Varianten bevorzugt, dann
sollte man sicher sein, dass das Futter so
vielseitig zusammengesetzt ist, sodass
eine bedarfsdeckende Versorgung resul-
tiert. ImZweifel kannman sich beraten las-
sen. Es gibt viele Tierarztpraxen, die das
gern machen.
8. Unverträglichkeiten und Futtermit-
telallergien bei Hunden sind ein großes
Thema. Wie kann man als Tierhalter vor-
beugen?
Unverträglichkeiten und Allergien kom-
men bei Menschen wie bei Tieren vor. Eine
eindeutige Empfehlung zur Vorbeugung
gibt es leider nicht. Aus meiner Sicht ist es
empfehlenswert, Hunde vielseitig zu füt-
tern, ab und zu kann man auch mal das
Futter wechseln oder verschiedene Varian-
ten anbieten.
9. Übergewicht bei Hunden wird leider
immer mehr zum Problem. Wie kann der
Tierhalter dieses Problems am besten
Herr werden, und was muss bei der Fütte-
rung beachtet werden?
Übergewicht ist in der Tat ein häufiges
Problem. Wichtig ist die Futtermenge,
aber natürlich auch die Futterzusam-
mensetzung. Je fettreicher ein Futter
ist, desto energiereicher ist es. Faser-
stoffe sind als Ballaststoffe energiearm.
Auch Protein ist energetisch nicht so
wirksam wie Fette und Kohlenhydrate.
Das ist die Begründung dafür, dass spe-
zielle Futtermittel für Hunde mit Über-
gewicht eher proteinreicher sind und in
der Regel auch einen höheren Gehalt an
Faserstoffen aufweisen. Dadurch ver-
spricht man sich auch einen höheren
Sättigungseffekt.
Prof. Dr. Jürgen Zentek
ist geschäftsführender Direktor des
Instituts für Tierernährung der Freien
Universität Berlin, Fachtierarzt für Tier-
ernährung und Diätetik sowie Autor
renommierter Fachbücher.
INTERVIEW
ZENTEK
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