Der Dachshund 10-2020
| 10 · 2020 201 Teckel & Jagd chen FGF-4-Genkopien auf dem Chromo- som 12 und dem Risiko für Bandscheiben- vorfälle (5). Je mehr 12-FGF4-Retrogene, desto früher Bandscheibenverkalkung und -vorfälle. Eine zusätzliche Kopie erhöht das Risiko für frühe Bandscheibenverkalkung und Degeneration des Nucleus pulposus und damit für Bandscheibenvorfälle auf das 5-fache der Norm, zwei Kopien auf das 15-fache. Zusätzliche Kopien auf dem Chromosom 18 (18-FGF4) sind vor allem für die Kurzläu- figkeit verantwortlich und haben keinen Einfluss auf Bandscheibenvorfälle (5). Der Teckel besitzt neben dem eigentlichen Gen auf Chromosom 18 noch eine weitere Kopie auf diesem Chromosom und eine Kopie auf dem Chromosom 12. Alle Kopien sind bei dieser Rasse homozygot (5). D. h. es gibt keine Möglichkeit der Selektion, weil alle Individuen der Rasse homozygot für den Defekt sind. Ein Gentest hilft also nicht weiter. Chondrodystrophie allein erklärt jedoch nicht alle Bandscheibenvorfälle, es müssen andere Risikofaktoren dazu kommen. Ein Risikofaktor wurde intensiv untersucht, die Verkalkung der Bandscheiben (6 bis 9). Das kann gut im Röntgenbild dargestellt werden (Abbildung 2). Der Verkalkungs- grad der Bandscheiben im Alter von 24–48 Monaten korreliert mit den klinischen Erscheinungen. Je größer die Anzahl kalzifi- zierten Bandscheiben ist, desto höher ist das Risiko für einen Bandscheibenvorfall (Abbildung 3). Mittels Röntgen können ca. 68 Prozent der Verkalkungen erkannt wer- den, mittels CT alle. Besonders in den skandinavischen Ländern gibt es sehr gute Studien und es wurden bereits züchterische Maßnahmen auf der Grundlage der Anzahl verkalkter Band- scheiben mit Erfolg angewandt. Weitere Studien haben gezeigt, dass das Vorkommen kalzifizierter Bandscheiben erblich ist. Die erhaltenen Werte liegen zwi- schen 53 und 87 Prozent Erblichkeit (10, 11). Welchen Einfluss haben nun Körpermerk- male auf das Risiko für Bandscheibenvor- fälle? Es wurden in einer Studie 39 Teckel mit klinischen Erscheinungen sowie 36 kli- nisch unauffällige Teckel untersucht. Es gab signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen bei zwei Parametern: der Rückenlänge (Distanz T1 bis S1) und dem Bodenabstand (Distanz Fersenbein bis zur Mitte der Kniescheibensehne) (12). Darauf kann man leicht bei Formbewertungen achten und Hunde mit einem höheren Bodenabstand nach vorn stellen. Das allein genügt jedoch nicht, weil die bereits genannten anderen Faktoren (Struktur und Kalzifizierung der Bandscheiben) einen bedeutenden Einfluss haben. Was kann oder sollte man tun, um die Gesundheit der Rasse zu stärken? Der Wis- senschaftliche Beirat des VDH hat dem DTK in der Vergangenheit mehrere Vor- schläge gemacht. Das reicht von einer umfassenden Studie aus 2014, die gesunde und erkrankte Teckel umfasste und alle hier genannten Aspekte berücksichtigte (Bandscheibenverkalkung, Analyse der Bandscheibenzusammensetzung, Histolo- gie, molekulargenetische Untersuchungen und körperliche Merkmale) bis hin zu einem Phänotypscreening in 2016, wo vor- rangig die Bandscheibenverkalkung im Röntgen untersucht werden sollte. Es wäre vernünftig, mit diesem Phänotypscreening zu beginnen und nach der Datensamm- lung das weitere Vorgehen und ggf. züch- terische Maßnahmen zu überlegen. Literatur: (1) Sivan SS, Hayes AJ, Wachtel E, et al.: Biochemical com- position and turnover of the extracellular matrix of the normal and degenerate intervertebral disc. Eur Spine J. 2014; 23 Suppl 3: S. 344–353. doi:10.1007/ s00586-013-2767-8 (2) Zhao CQ, Wang LM, Jiang LS, Dai LY: The cell biology of intervertebral disc aging and degeneration. Ageing Res Rev. 2007; 6 (3): 247–261. doi:10.1016/j.arr.2007.08.001 (3) Brown EA, Dickinson PJ, Mansour T, et al.: FGF4 retro- gene on CFA12 is responsible for chondrodystrophy and intervertebral disc disease in dogs. Proc Natl Acad Sci U S A. 2017; 114 (43): 11476–11481. doi:10.1073/ pnas.1709082114 (4) Parker HG, VonHoldt BM, Quignon P, et al.: An expressed fgf4 retrogene is associated with breed- defining chondrodysplasia in domestic dogs. Science. 2009; 325 (5943): 995–998. doi: 10.1126/sci- ence.1173275 (5) Batcher K, Dickinson P, Giuffrida M, et al.: Phenotypic Effects of FGF4 Retrogenes on Intervertebral Disc Disease in Dogs. Genes (Basel). 2019; 10 (6): 435. Published 2019 Jun 7. doi:10.3390/genes10060435 (6) Lappalainen AK, Vaittinen E, Junnila J, Laitinen-Vapaa- vuori O.: Intervertebral disc disease in Dachshunds Abbildung 3: Anteil von Teckeln mit Band- scheibenvorfall in Abhängigkeit von der Anzahl kalzifizierter Bandscheiben. Grad 0 (keine Kalzifizierung), Grad 1 (1–2 kalzifi- zierte BS), Grad 2 (3–4 kalzifizierte BS), Grad 3 (≥5 kalzifizierte BS). Es wurden 193 Teckel röntgenologisch untersucht. (aus: Lappalai- nen et al.: Acta Veterinaria Scandinavica [2014], 56:89) Abbildung 2: a) Darstellung verkalkter Band- scheiben (Pfeile) im Röntgenbild; b) Vorfall einer Bandscheibe zwischen T9 und T10 in den Wirbelkanal im Röntgen; c) CT mit Nach- weis der verkalkten Bandscheibe imWirbel- kanal (aus: Stigen et al.: Acta Vet Scand [2019] 61:13) Zur Autorin: Dr. Dagmar Heydeck ist Biochemikerin, seit 1989 Jagdscheininhaberin und seitdem Deutsch-Kurzhaar-Führerin. Frau Dr. Heydeck ist Verbands- und Spezialzuchtrichterin. Sie war 20 Jahre Vorsitzende eines DK-Klubs und seiner- zeit Mitglied im Präsidium des DK-Ver- bandes. Im VDH hatte sie den Vorsitz des Zuchtausschusses inne. Aktuell ist Frau Dr. Heydeck Vorsitzende des Wis- senschaftlichen Beirats und damit Obfrau für Gesundheit und Wissen- schaft.
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